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Artikel vom 08.02.2007

Autor: Smuker

Kategorie: Kolumnen
Umfang: 1 Seiten


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5. Fakt des Monats: Die Geschichte der Spielkarten Teil 3



(09. Februar 2007)


Joker
Der Joker wird gelegentlich als das letzte Überbleibsel der eigenständigen, nummerierten Trumpfreihe im Tarock/Tarot angesehen. Neuste Erkenntnisse belegen jedoch, dass er aus der amerikanischen Kartengeschichten des 19. Jahrhunderts stammt. Es wird davon ausgegangen, dass man ihn vom Spiel Euchre, das durch elsässische Einwanderer nach Amerika gebracht wurde, übernommen hat. Auf der anderen Seite war Tarock und auch die baden-württembergische Variante Cego von ca. 1750 bis tief ins 19 Jahrhundert hinein ein sehr populäres Spiel und auch der Elsaß gehörte zu seinen Verbreitungsgebieten. Somit kann die Ausgangsmöglichkeit des Tarot bisher nicht hundertprozentig ausgeschlossen werden.

Im Euchre gibt es zwei besondere Buben derselben Farbe die besonders mächtig im Spiel sind. Als das Spiel in die USA übersiedelte wurden spezielle deutsche Ausdrücke, wie zum Beispiel Bauer (normalerweise Jack in englischer Sprache) übernommen. Noch heute sprechen englische Euchrespieler bei ihren zwei höchsten Karten von dem linken und rechten Bauer (left and right Bauer). Allerdings sprechen sie das Wort dabei wie „Bower“ aus. Die Amerikaner haben dem Euchre Kartenspiel mit der Zeit noch eine Karte hinzugefügt die noch höher als die beiden „Bowers“ ist. Sie nannten diese Karte den imperialen Bauer oder den besten Bauer. Dies war der Ursprung des heute bekannten Jokers.

Nach der neusten Theorie wurde der “Best Bower” umgangssprachlich auch als “Euchre card” bezeichnet. Dies wurde dann durch falsche Aussprache zur “Juker card” und später zur “Joker card”. Diese Annahme hat jedoch den sprichwörtlichen Haken darin, dass bisher zwar alte Karten aus dieser Zeit gefunden wurden, diese aber entweder den Namen „Best Bower“ oder „Joker“ tragen. Eine Karte mit der Aufschrift „Eucher card“ und/oder „Juker card“ wurde bisher noch nicht entdeckt. Vielleicht kam dieser ganze Übersetzungs- und Sprachfehler aber auch nur in den Dialog zwischen den Spielern vor, allerdings wird dies in keiner Literatur erwähnt. Somit bleibt es derzeit noch bei einer unbestätigten Theorie. Das folgende Bild zeigt einen Joker von 1875 gemalt von Victor Mauger aus New York.




Die Entwicklung des Jokers
Es wird angenommen, dass das Wort Joker viele Kartendesigner dazu inspiriert hat die Figur als Narren, Clown und andere Witzbolde der damaligen Zeit darzustellen. Seltsamerweise zeigen jedoch die „Best Bowers“ und frühen Jokerkarten eine große Vielfältigkeit und halten nicht immer mit der heutigen Assoziation Wort. Es werden auf den ersten Karten nicht nur Schlawinertypen sonder auch Kinder, Bühnencharaktere, Tiere, etc. gezeigt.

Es existiert jedoch eine recht simple Theorie zu der Verbindung dieser Karte mit dem Narrenbild. Nach der Einführung des besten Bauern im Euchre entstanden weitere Kartenspiele mit einer extra Karte, die komplett anders behandelt wurde. Vielleicht ist genau in dieser Phase der Begriff Joker entstanden, gleichbedeutend mit einem Narren der Charaktere ändert oder einfach unerwartet erscheint. Kartendesigner probierten daraufhin verschiedene Zeichnungen für diese neue Karte aus. Die Entscheidung des Narren/Hofnarren ist hierbei der logische Schlusszug. Dies liegt nicht nur daran, dass dieser ein unvorhergesehenes Verhalten hat, sondern auch daran, dass er auch die Hoffiguren vervollständigte. In Europa war es nämlich sehr üblich, dass an jedem Hof auch Narren, Jongleure und andere Entertainer zu Hause waren.

Auch, wenn man nicht ganz sicher ist, wie die Designer auf die Gestaltfigur des Narren gekommen sind und darüber nur verschiedene Theorien bestehen, gibt es einen Fakt der unumstritten ist:


Die Joker Karte ist keine europäische Erfindung!



Sondern ist und bleibt wohl eine der malerischsten Beiträge der Amerikaner an der Geschichte der Spielkarten. Das folgende Bild zeigt einen Joker der von Andrew Dougherty in New York 1875 gezeichnet wurde.



Wer sind die Bildfiguren wirklich?
Dies ist eine der meist gestellten Fragen über das große Thema der Spielkarten.

Die generellen Karten mit Königen, Damen und Buben die in Herz, Kreuz, Pik und Karo unterteilt sind haben ihren Ursprung in Frankreich 1470 nach Christus. Die Franzosen waren zu dieser Zeit dazu geneigt ihren Bildkarten bestimmte Personen zu widmen. Diese bekannten Zuordnungen variieren stark je nach Zeit und Ort und die Unordnung wurde umso größer da viele schlecht informierte und ungebildete Plagiatoren ihr Werk verrichteten. Sämtliche Bildkarten mit Personenzuordnung vorzustellen, würde also hier vollkommen den Rahmen sprengen bzw. wäre wohl auch gänzlich unmöglich. Deswegen schauen wir uns nur die zwei größten Standards des französischen Kartendesigns an, nämlich das von Paris und das der Hafenstadt Rouen.

Die Rouenkarten sind höchst wahrscheinlich im 14. Jahrhundert entstanden. Beispiele sind bis ins 15. Jahrhundert bekannt, danach starb dieses Design in Frankreich aus. Es wurde aber vorher nach England exportiert und bildete somit die Grundlage der englischen und voraussichtlich damit auch der amerikanischen Karten. Dieses Bildmuster wird daher Anglo-amerikanisch genannt und überlieferte leider keine Namen für seine Bildkarten mit. Das folgende Bild zeigt den Pariser Entwurf, ohne doppelte Kopfendung aus dem 18. Jahrhundert, wobei es sich hierbei um eine dänische Reproduktion aus dem Jahre 1976 handelt.



Das Bildmuster aus Paris und Rouen
Das pariser Bildmuster überlebte die Jahre mit leichten Veränderungen und wurde das offizielle Kartenbild für ganz Frankreich. Hinter jeder Figur versteckt sich eine bekannte Persönlichkeit. Wappen, Gesten und Kleider können mit dem rouener Bildmuster verglichen werden, so dass die unbenannten Identitäten (siehe oben) identifiziert werden konnten.

Die folgende Tabelle zeigt die Zuordnungen zu den dahinter liegenden Personen.






Das Bild zeigt das pariser Bildmuster, doppelköpfig aus dem Jahre 1806. Die Antiken Spielkarten stammen aus Deutschland wobei der Künstler unbekannt ist.

Die Könige repräsentieren große historische Herrscher:

Alexander der Große wurde mit 20 Jahren makedonischer König. Sein Lehrer war der berühmte griechische Philosoph Aristoteles. Im Laufe von 11 Jahren legte Alexander mit seiner gewaltigen Armee 300.000 Kilometer zurück. Hierbei reiste er von Mitteleuropa bis nach Indien. Auf seinen Reisen wurde er zum Wegbereiter der griechischen Kultur in weiten Teilen Westasiens. So ist auch sein Name in der Literatur vieler Länder zu finden. Noch Ende des 19. Jahrhunderts behaupteten viele Menschen in Asien direkte Nachfahren von Alexander dem Großen zu sein, worauf sie sehr stolz waren. So gilt Alexander vielen Menschen als Vorbild, einige sehen sogar einen Übermenschen in ihm. Bevor Alexander im Alter von 33 Jahren starb, hatte er das mächtige Reich der Perser besiegt und ein Gebiet von mehr als 5 Millionen Quadratkilometern unterworfen.

David wurde nach der biblischen Darstellung als jüngster Sohn Isais in Betlehem geboren und war der zweite König von Israel. Um das 14. Jahrhundert verbanden jüdische mystische Texte das Hexagramm (den Davidstern) als Talisman - sowie andere Symbole - mit älteren Darstellungen auf einem Schild, der so mit der Macht Gottes verbunden war und einst König David geschützt haben soll.

Julius Cäsar (Gaius Iulius Caesar) dürfte jedem über Asterix als Roms Diktator bekannt sein. Er war ein römischer Staatsmann, Feldherr und Autor. Er eroberte Gallien und führte im anschließenden Bürgerkrieg das Ende der Republik herbei, indem er sich zum Alleinherrscher ausrief. Nach seiner Ernennung zum Diktator auf Lebenszeit fiel er einem Attentat zum Opfer. Sein Name wurde zum Titel aller nachfolgenden Herrscher (Caesaren) des römischen Kaiserreichs und in entlehnter Form (Kaiser, Zar) zum Titel der Herrscher im Heiligen Römischen Reich und des Bulgarischen sowie des Russischen Reiches.

Karl der Große (Charlemagne) stammt aus dem Geschlecht der Karolinger und gilt als der Begründer des heiligen römischen Imperiums. Seit 768 war er König der Franken und wurde am 25. Dezember im Jahre 800 n.Chr. von Papst Leo III. in Rom zum römischen Kaiser gekrönt. Karl war einer der einzigen geschichtlichen Figuren die Ihren Beinamen „der Große“ schon zu Ihren Lebzeiten erhielten.

Die anderen Männlichen Figuren (Buben) sind große Kämpfer:

Étienne de Vignolles (genannt La Hire) kämpfte 1429 bei der Belagerung von Orléans an der Seite von Jeanne d’Arc und geriet 1431 beim Versuch diese aus Rouen zu befreien in englische Gefangenschaft. Ein Jahr später gelang ihm jedoch die Flucht und er nahm den Kampf gegen die Engländer wieder auf. Étienne fochte siegreich im Artois, in der Île-de-France und der Picardie, vervielfachte dabei aber auch die Zahl der Plünderungen und der Grausamkeiten. Sein Beiname La Hire (französisch für Wut) bekam er wegen seiner Emotionalität und Gewalttätigkeit gegenüber dem Feind.

Hector ist eine Gestalt aus Homers berühmtem Epos Die Ilias, dem Basiswerk für viele unserer Informationen über die griechische Mythologie. Er ist vor seinem jüngeren Bruder Paris der älteste Sohn des Königs von Troja. Er ist der wichtigste Held und Heerführer Trojas im zehnjährigen trojanischen Krieg. Dieser wird am Ende von Achilles getötet, als Rache für den Mord an seinem Freund Patroklos. Die Ilias endet mit einer elftägigen Trauerfeier der Trojaner um Hector.

Hogier (französisch Ogier) war ein Vetter vom Karl des Großen und ein treuer Ritter in seinem Bunde.

Judas Makkabäus (Judas Maccabeus) war der dritte Sohn des jüdischen Priesters Mattathias und ein jüdischer Freiheitskämpfer. Judas stammt aus der Familie der Hasmonäer, einer aaronitischen Priesterfamilie. Sein Vater war Initiator des Aufstands gegen die Herrschaft des Seleukidenkönigs Antiochos IV. Epiphanes und des Hohenpriesters Menelaos. Nach dem Tod von Mattathias wurde Judas der Führer der Aufständischen. Durch die Kriegserfolge in offener Feldschlacht gegen das seleukidische Heer wurden Verhandlungen aufgenommen und ein Waffenstillstand vereinbart.

Die Damen folgen als letztes und das nicht ohne Grund, denn sie werfen einige Probleme auf.

Rachel, auch Rahel, war gemäß der Genesis im Alten Testament der christlichen Bibel bzw. der jüdischen Bereschit die jüngere Schwester Leas bzw. Leahs, Tochter des Laban und Kusine und Lieblingsfrau Jakobs. Rachel und Lea waren demnach Aramäerinnen , Bewohner des Landes Paddan-Aram.

Pallas Athene ist eine Göttin der griechischen Mythologie. Sie gilt als Göttin der Weisheit sowie der Kriegstaktik und Strategie und war Schirmherrin der Künste und Wissenschaften. Sie war die wehrhafte Palast- und Schutzgöttin der mykenischen Herrscher und außerdem handwerkskundig. Es heißt, dass ihr unter anderem die Frauen das Weben und die Männer das Zimmern verdanken.

Welche Person Argine war ist bis heute ein Mysterium. Einige behaupten, dass es ein Anagramm von „Regina“ darstellt, welches das lateinische Wort für Königin ist. Aber warum sollte diese Figur als einzige im Kartenspiel ein Anagramm in lateinischer Sprache sein.

Manche nehmen an, dass es sich bei Judith (auch IUDITH oder IUDIC) um die Frau von Lois den ersten handelt oder um die Verschleierung des Namens Isabelle, der Frau von Charles VI. Aber auch hier wäre die Frage, warum sollte man dies verschleiern wollen. Die plausibelste Persondarstellung ist und bleibt Judith aus dem alten Testament, welche den General Holofernes enthauptet hat.

Die Streitlust von den Figuren Pallas und Judith geben uns hier ein Anzeichen für eine Bedeutung für Argine. Auf anderen französischen Karten wurde statt des Namen Argine ein anderer gefunden. Auf handgeschnitzten Schlagholzblöcken des 16. Jahrhunderts mit denen damals Karten hergestellt wurden (siehe 4. Fakt des Monats) taucht, meist in der Kollektion von Vital Berthin, der Name Argeia auf. Dieser Kartenkünstler zeigt Argeia als eine bewaffnete Frau und sie stellt die legendäre Prinzessin von Argos in Griechenland dar. Ohne Frage ist das unsere Frau die als die uns bekannte Karo Dame angedacht war, aber ihren Rum nicht ausschöpfen konnte, da irgendwelche Kartenhersteller eine unvollständige Kopie angefertigt haben ohne sich mit Ihrer Geschichte auseinander zu setzten.

Wenn man befugt ist sogar zwei Könginnen neu zu betiteln, dann sollten wir uns eine weitere Anschauen: Rachel würde besser durch Ragnel, Frau von Sir Gawain (einer der Ritter der Runden Tafel von König Arthus), passen.

Auch die Karte La Hire könnte eine Aufbesserung benötigen, denn es ist der einzige Charakter der Bildkarten der aus dem Raster fällt. Er lebte nur ein paar Jahrzehnte vor der Erfindung der französischen Kartenmuster. Er war also zur damaligen Zeit viel zu modern um ihn als Held der Antike darzustellen. Vielleicht handelt es sich hierbei um eine weitere falschen Betitelung durch Kopien anderer Hersteller. Vielleicht handelt es sich bei dem Herzbuben tatsächlich um Aulus Hirtius, einen Kampfgefährten von Cäsar. Der Titel A. Hirt’ (eine akzeptierbare Abkürzung von Aulus Hirtius) könnte sehr leicht zum Namen La Hire geführt haben. Hierbei handelt es sich allerdings um eine sehr spekulative Annahme.

Wenn wir diesen Tatsachen und Annahmen zusammenführen erhalten wir schlussendlich eine Gruppe legendärer Helden und Heldinnen:

* Jüdisch: David, Judith und Judas
* Griechisch: Alexander, Argeia und Hector
* Römisch: Cäsar, Pallas und Aulus Hirtius
* Christlich: Karl der Große, Ragnel und Hogier

Viele dieser geschichtlichen Figuren können auch wenn ihr Name nicht genannt wird an Ihren Wahrzeichen erkannt werden:

Alexander trägt seine Kleidung bestickt mit einem Löwen. David, der Psalmdichter, steht neben einer Harfe. Der Rock von Cäsars Robe ist mit einem römischen Adler dekoriert und Karl der Große trägt einen Globus mit sich, was ihn als Kaiser der christlichen Welt identifiziert.

Alle diese Merkmale wurden in der mitteralterlichen Kunst und in den französischen Karten benutzt. Trotzdem wurden die meisten im 18. Jahrhundert mit dem Beginn der doppelendenden Karten zerstört, denn nun waren die Figuren nur noch zur Hälfte zu sehen. Nur eines der original Symbole hat im anglo-amerikanischen Kartenbild überlebt. Man kann immer noch beim Kreuz König (Charlemagne = Karl der Große) den Globus sehen.

Nun sind wir am Ende der Kartengeschichte angelangt. Im nächsten Fakt des Monats werden wir euch dann mal wieder um ein anderes Thema der Gesellschaftsspielgeschichte aufklären.
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